Merry Joy Boyanne

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Mit vier Monaten hatte ich bereits meine erste Mammutreise von Südafrika nach Deutschland hinter mir, war achtjährig mit einem großen Passagierschiff von Deutschland zurück nach Südafrika geschickt und habe als Zwölfjährige in einem Flugzeug den afrikanischen Kontinent in Richtung Europa überquert. Später lebte ich sechs Jahre in Dakar, Senegal, und verbrachte mein halbes Leben in Argentinien. Ich hatte also im Alter von acht Jahren bereits die halbe Welt bereist. Durch das Leben in fremden Ländern und die häufigen Wechsel von Kontinent zu Kontinent, bin ich mit Flugzeugen, Schiffen und Zügen vertraut. Ich vertrage das Reisen gut, werde spielend mit Verspätungen und Annullierungen fertig und passe mich rasch den Klimaunterschieden, fremden Gebräuchen und Sprachen an. Es ist, als habe man mir das Reisen in die Wiege gelegt, würde es mir gewissermaßen im Blut stecken und als ob ich reiseroutiniert auf die Welt gekommen bin. Inzwischen ist Reisen zu einer Passion, einem sinnlichen Vergnügen, geworden und ich zu einer Reisenden, Abenteuerin, Globetrotterin und Beobachterin fremder Kulturen, Mentalitäten, deren Menschen und Gebräuche. Darum bin ich hier und da schon mal eine Hemingwayress und weibliche Indiana Jones genannt worden. Ich reise immer alleine, scheue keinen Aufwand, weil es so intensiver und prägender ist, was ich sehe und tue, ziehe das Größtmögliche aus jeder Reise, um mit möglichst viel Stoff, sprich Erlebtem, reich an Abenteuern unterschiedlichster Art, heim zu kehren und über die lebendigen Bilder zu schreiben.

Auszüge aus Reisetagebüchern:

... Ich lasse mich auf leeren Straßen, gesäumt von uralten Eukalyptusriesen durch die fruchtbare Ebene mit Palmen, Oliven und Orangenbäumen, in der Marrakech La Rouge liegt, in Richtung des sich in nicht allzu weiter Ferne gewaltig auftürmenden Atlasgebirges fahren. Die Luft ist wüstenähnlich trocken und der Reisetag beginnt lang, heiß und voller überwältigender Eindrücke zu werden. Hamid fährt schnell und sicher und erzählt mir derweil die Geschichte der Menschen seines Landes ...

... Die Überraschung an einem wunderschönen Tag im Monat Februar ist die Erlaubnis des Piloten, den Start vom Cockpit aus erleben zu dürfen ....

... Exotik findet man nur in südlichen Ländern. Maurische Schattenspiele, aufgeworfene Lippen, mandeläugige, feurige und dunkelhäutige Menschen, moresque Architektur, Terrakotta, ockerfarbene Lehmbauten im Schatten von Tamarisken, dazu passend Vogelgesang aus blühenden Pflanzen. Als mir nach kurzem in der Fülle der Souks, handelnden Händlern, Schmuck, Teppichen, dem Duft verschiedener Gewürze, wohlriechender Öle, schwindelte, entzog ich meinem glutäugigen Führer meine Hand und blieb eine Weile wie verzaubert vor dem Ort, wo die Erzählungen der 1001 Nacht stattgefunden hatten, stehen. Wie von Fieber ergriffen, geblendet, fasziniert, betört von dem Ort der Reize und der Märchen, musste ich mich einen Atem lang sammeln, um mich kurz darauf wieder dem Trubel des Märchenhaften hingeben zu können ...

... Ich fliege mit einer Propellermaschine, Marke Beechcraft, an der Küste entlang gen Norden nach Tanger. Es passen nur zwanzig Passagiere hinein. Ich sitze hinten neben einem Belgier aus Antwerpen und unterhalte mich mit ihm auf Englisch, Französisch und Deutsch. Die kleine Maschine hält wacker ihren Kurs und fliegt ruhig dahin. Wir haben einen Piloten und eine Co-Pilotin - unüblich für Marokko - zwischen uns gibt es keine Trenntür. Ich komme mir in diesem Flugzeug wie in einem lauten Truppentransporter vor. Das hat wenigstens noch etwas mit Romantik zu tun.
   Ich habe mir soeben mein Frühstück geholt und nicht dienstbare Geister in Anspruch genommen. Die Butter schmilzt mir vom Messer herunter, bevor ich sie auf's Brot schaffe. Der thé à la menthe ist kochend heiß, die Datteln zuckersüß und die verschiedenen Brot- und Teigsorten, wie Maiskuchen, Crèpes und Croissants deliziös...

... Jetzt rollt er vorwärts, der Jet. Gewaltig heulen seine Düsen auf. Dann startet sie durch, die MD11 oder was auch immer sie ist, und ist bald oben. Sie ist groß und mächtig, lang und eng. Volle Schubkraft voraus, dröhnende Düsen, rollt sie in die Luft hinein. Kraftvoll zieht sie ihre Bahn über Z. bei Nacht. Adieu Europa. Elegant, mächtig, wuchtig und zugleich leicht, fliegt sie über dicht besiedeltes Gebiet ...

... später bin ich im compound beim gelben Licht der Straßenlaternen, unter dem Kreuz des Südens und der Milchstraße spazieren gegangen. Ein Ranger hat mich gewarnt, nicht einfach so in die Nacht hinaus zu gehen, da sich oft Tiere aus Hunger und um etwas zu reißen in die Nähe des Camps trauen. Er erklärte mir die Regeln des Parks, "We are no zoo, don`t get out of the car. You are driving at your own risk."
    Um elf zog ich, gerüstet für die Mittagshitze und eine längere Autotour, los in den Krüger Park. Ich zog es vor, lieber auf Wellblechpiste als auf Asphaltstraße zu fahren und siehe da, die Kamera um den Hals, den Fotoapparat griffbereit, fuhr ich bei Tempo vierzig und erspähte Impalas, Antilopen, Wildebeest, Zebras und als Krönung eine Giraffe. Irgendwann wurde mir Angst und Bange auf dieser Strecke, weil ich die Einzige dort zu sein schien. Also beschloss ich, schnellstens umzudrehen. Ich sah mich förmlich schon mit einem platten Reifen, ahnungslos, wie ich ihn wechseln sollte. Und wie überhaupt das Auto verlassen bei dieser Horde wilder Tieren. Also drehte ich und siehe da, als Trost a real special. Ein Rudel Löwen, mindestens acht bis zehn. Ich näherte mich langsam, kurbelte die Fenster in fieberhaftem Tempo hoch, hielt mit zittriger Hand Filmkamera und Fotoapparat parat und wusste nicht, was ich zuerst machen sollte. Wie dicht, wann filmen und wann Motor abstellen ...

... Ich bin durch so verschiedenartige Regionen Südafrikas gefahren, hätte eigentlich überall aussteigen müssen, um Pittoreskes zu filmen: Bananenplantagen, Berge, Hügel, Apfelsinenplantagen, Eukalyptus, jede Menge, Palmen in den Städten, Siedlungen, Zuckerrohr, hohes Steppengras. Ich raste, preschte, bretterte, donnerte, ja flog über ein Hochplateau von so beachtlichen Ausmaßen, dass ich schließlich vollkommen verwirrt war. Ich hatte nämlich das Gefühl, ich führe gründlich darauf herum. Mal schickten mich Wegweiser nach Süden, dann wieder nach Norden, auf einmal ging`s nach Westen, dann haarscharf an Swaziland vorbei in Richtung Osten ...

... Alle Weißen sind nett zu Weißen. Sie gieren geradezu danach, Kontakt zu einander zu bekommen - sind sehr redselig und überaus zutraulich. No wonder, schließlich sind sie mit weniger als zehn Prozent stark in der Minderheit. Die Townships liegen oft mitten in der Landschaft und wirken wie aus dem Boden gestampft. Wellblechhütten, ärmlich, villa miseria ähnlich. Es gibt stores, immer eine Kirche und Schulen. Die Schulkinder laufen barfuß und tragen die einheitlichen schwarzen gymtunics und weißen Blusen, wie ich damals auch. Ich sitze auf meinem Tree Top Balkon und schaue in die Wipfel der Bäume und auf die Erde nieder. Es ist absolut still hier. Schön, so fern von dem Gebrause des Straßenverkehrs zu sein. Hoffentlich erhalten sich die Menschen solche Oasen möglichst lange noch, damit sie sich darin aufladen können ...

... "Fasten seatbelts, lifevests under your seat, right side is better than left." sagt der Pilot des russischen Helikopters und setzt sich auf seinen Sitz. Der gigantische Propeller beginnt zu drehen, ohrenbetäubendes Geräusch und während drei Männer in einem engen Cockpit arbeiten, um mit Hilfe des riesen Ventilators das uralte Modell zu starten, sitzen hinten fünf Passagiere, die die Sicht genießen wollen. Und alsbald hebt er wie eine große Fliege senkrecht ab, ist schnell oben und rattert vorwärts. In einem Zehnminuten-Flug sehe ich das Gestein der Felsen in Farbnuancen von blendend Weiß bis zu sattem Beige, zartem Rosa und Hellblau, neverending kasbahähnliche Wohnanlagen, riesige Hänge zum Wasser hin, gefährliche Steilküsten und unter mir plätscherndes Mittelmeer...

... "Salamat datang!" begrüßte mich der Concierge an der Rezeption des Hotel Bualu, überreichte mir einen welcome drink nebst Blumen und Zimmerschlüssel und geleitete mich in mein Zimmer. Hellauf begeistert betrat ich Nummer 243, das ein Fan auf angenehme Kühle automatisch regulierte, riss die Gardinen auf und betrachtete eingehendst das, was nun einige Wochen mein Zuhause sein würde. Frische Landesfrüchte, eisgekühltes Wasser, Mobiliar aus Teakholz, ein kingsize Bett mit gleich drei Kissen, TV, Eisschrank, zwei Sonnenschirme und ein geräumiges Bad hießen mich schweigend willkommen. "Terima khasi." sagte der Gepäcktragende und bedankte sich für 5.000 Ruphias, die ich ihm in die Hand blätterte. Dann war ich allein in meinem Reich und begann, mir sogleich die Reisekleidung buchstäblich vom Leib zu reißen. Nach einer erfrischenden Dusche, einem Glas Eiswasser und einer Frucht, konnte ich endlich losstapfen, um mich in sand, sun and sea zu aalen ...

... Es ging in rasender Fahrt einmal quer über die Insel zu einem Bootsanlegeplatz und von dort auf einer Hochseeyacht eine Stunde gegen Wind und hohe Wellen an. Als das bewältigt war, erwartete mich eine kurze Strecke mit dem Ochsenkarren auf einer sandigen Straße. Ein kräftiger Ochse mit einem gewaltigen Stiernacken, zog acht bis zehn Menschen in einem Karren hinter sich her und wurde von einem Kreolen, der mit einem Stock auf der Deichsel saß, angetrieben. Wenn der muskelprotzige Ochse nicht schnell genug ging, kniff und zog ihn sein Kutscher an seinem Schwanz und erreichte Wunder...

Heute ist das Meer petroleumblau, die Wellen voll weißem Schaum und die Brise vom Meer angenehm. Ich sitze auf einem deckchair und schaue hinaus auf's Meer. Heute hat es die ganze Nacht ununterbrochen geregnet. Es war keine Lufthauch zu spüren - nur schwül und nass. Auf einmal blies der Wind vom Wasser her so heftig, dass ich mein Hochbett bis an die Fensterscheiben zurückzog, und sogar dann wurden die Laken noch nass. Vorher, als es windstill war, wimmelte es von Moskitos, und ich war zerstochen. Dabei erinnerte ich mich an meine diversen Malariaattacken und hoffte, mir hier in Brasilien im Regenwald nicht das Dinguefieber aufzusacken ...

... Ich liege in der Hängematte, lasse mich von ihr tragen und schaukeln ...

... Das Teatro Colon wieder einmal zu betreten, frei und diesmal unter völlig anderen Unständen, war ein triumphierendes Gefühl, das mich den ganzen Abend nicht verließ. Ich traf auf niemanden, den ich von früher kannte, bewegte mich frei und sicher und schaute dem espectaculo interessiert zu. Ich liebe dieses Opernhaus, es ist alt und groß und hat mehr Atmosphäre als die anderen, die ich kenne ...

... Argentinier sind sehr gefühlvoll, temperamentvoll, extrovertido, impulsiv, spontan und theatralisch. Ich habe soeben in einem boliche milanesa con pure, ensalada de remolacha und provolito gegessen und dazu Tangomusik live gehört ...